Eine Göttin, viele Göttinnen – oder was jetzt?

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Wenn Menschen beginnen, sich auf den Weg der Göttin zu machen oder auch nur neugierig zu werden, sind sie häufig etwas verwirrt: Da gibt es unendlich viele Namen, Traditionen, Archetypinnen und vieles mehr. Woran kann frau sich da orientieren?

Ursprünglich gab es DIE EINE GÖTTIN. Sie umfasste alle Aspekte des Seins, von der Geburt bis zum Tot. Sie war Nothelferin in allen Lebenslagen, die Menschen so durchmachen, über Hunger oder Krankheit, Verlust und Angst bis hin zu Hoffnung und Geburt. Viele Jahrtausende haben sich die Menschen auf der ganzen Welt an ihr orientiert, sie um Hilfe gebeten, ihr gedankt und sich bei ihr geborgen gefühlt. In diesen Zeiten wurde auch das männliche Prinzip geehrt, doch das ist eine andere Geschichte.

Dann kam das Patriarchat, das einen männlichen Gott durchsetzen wollte. Dabei ging es um Macht und Vermögen, dazu wurden viele Mittel genutzt und auch vor Gewalt nicht zurückgeschreckt. Die Kreuzzüge und die Hexenverbrennungen ist leider in die Geschichte eingegangen. Die Menschen wollte ihre Göttin nicht so einfach gehen lassen, so wurde zu einem weiteren Mittel gegriffen: Sie wurde in ihre Einzelteile zerlegt. Dadurch verlor sie an Kraft und die einzelnen Aspekte konnten leichter weiter verniedlicht werden. Ein gutes Beispiel dafür ist Holla: Sie wurde im gesamten alpenländischen Raum als mächtige Muttergöttin, Erd- und Himmelgöttin, Schutz- und Heilungsgöttin verehrt. Hier wurden also gewisse Aspekte der Allgöttin herausgenommen. Im Laufe der Zeit wurde sie weiter verkleinert, domestiziert und gezähmt. Herausgekommen ist, du kennst sie sicher: Frau Holle, als Märchengestalt, die vordergründig brave Mädchen belohnt und faule Mädchen bestraft.

Langsam beginnt die Göttin nun wieder, ihre gesamte Größe wieder in Besitz zu nehmen und ihren angestammten Platz im Herzen der Menschen auszufüllen. Trotzdem finde ich es auch sehr wertvoll, ihre Einzelaspekte in Form der verschiedenen Göttinnen hereinzurufen, sich mit ihnen vertraut zu machen und ihre Unterstützung zu genießen. Sie stehen für universelle Lebenswahrheiten wie Geburt und Tot, helfen uns, diese zu verstehen und in herausfordernden Zeiten sind sie unterstützend für uns da. Du findest sie in ähnlichen Ausprägungen in den verschiedensten Kulturen und Archetypinnen rund um die Welt und sie stellen uns ihre gesamte Weisheit, ihren Schutz, ihre Liebe, ihre Hoffnung, ihren Trost und ihre Geborgenheit zur Verfügung. So kann es sehr wertvoll sein, sich mit einzelnen Göttinnen näher zu verbinden und die aktuelle Lebensphase mit ihnen zu bereichern.

Welche Göttin spricht dich besonders an?

Die Archetypin der Jungen Frau

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Die junge Frau ist eine der vier Archetypinnen der Weiblichkeit und ihr Prinzip findet sich zum Beispiel in den Jahreszeiten, den Phasen der Mondin, den Zyklusphasen und natürlich als Lebensphase. Entsprechend ist es hilfreich, sich die bekannten Qualitäten des Frühlings und der jungen Frau vor Augen zu führen: Die Aufbruchstimmung in der Natur, die steigenden Temperaturen, das frische Grün und die Energie des Neuanfangs.

Auf ähnliche Weise lässt sich auch die Zyklusphase nach dem Abklingen der Blutung beschreiben: Viele Frauen, besonders wenn sie sich genug Ruhe während der Blutung gegönnt haben, fühlen sich von einer frischen, schwungvollen Energie durchströmt. Sie haben viel Lust, Aufgaben anzupacken und auch neue Dinge anzugehen. Sie sind stark und klar in ihrem Denken, strukturieren gerne und haben Spaß am Planen von neuen Zielen. Die sexuelle Energie dieser Lebensphase ist frei und wild, voller Fantasie und Unabhängigkeit, zumindest bei geringer gesellschaftlicher Verunsicherung. Das drückt sich gerne in körperbetonter Kleidung, engen Jeans und fröhlichen Farben aus. Ähnlich wie die Temperaturen im Frühling ist die Energie anfangs noch sehr unbeständig und kann recht schnell wieder zusammenbrechen, bevor sie sich am Übergang zur nächsten Phase zusehends stabilisiert.

Auch die Lebensphase der jungen Frau zeichnet sich durch Aufbruchstimmung, das Schmieden von Lebensplänen, viel Selbstbewusstsein und dem Drang aus, in die Welt hinaus zu ziehen. Leider gelingt es jungen Frauen nicht immer, diese Energie auch auszudrücken, wenn es ihnen schwer fällt, sich in ihre neu erblühende Weiblichkeit einzuleben. Das hängt ganz stark mit dem negativen Frauenbild zusammen, das jungen Frauen wenig wirklich positive Vorbilder liefert und sie auch gar nicht all zu selbstbewusst sehen will. Unrealistische Körperbilder und pornographische Sexualisierung setzen junge Frauen besonders unter Druck und machen es ihnen schwer, zum eigenen, erwachenden Selbstbild als junge Frau zu stehen.

Jeder der vier weiblichen Archetypinnen lebt in jeder Frau und sie kann immer darauf zurückgreifen, auch wenn das natürlich zu den gewissen Zyklus- und Lebensphasen besonders leicht fällt. Zu lernen, sich damit zu verbinden und die jeweilige Energie zu fördern und zu nutzen, bringt viel Ausgeglichenheit und Fräude in das Leben vieler Frauen. Zugleich hat jede Archetypin nicht nur ihre verborgenen Schätze, sondern auch ihre Schwachstellen. Zum Beispiel fällt es mancher hier schwer, nicht voll loszurennen, sondern auch mit den Schwankungen der Energie zu rechnen. Auch braucht das junge Grün nicht nur im Fall von Pflanzen einen besonderen Schutz, bis es kräftig gediehen ist. Sich selber hier gut kennen zu lernen, die eigenen Stärken und Schwächen hinter der allgemeingültigen Archetypin zu entdecken, ist für viele Frauen ein lebenslanger, lohnenswerter Prozess, bei dem es viele spannende Dinge zu lernen und Veränderungen zu beobachten gibt.

Und natürlich gilt das nicht nur für die Archetypin der jungen Frau, sondern auch für die drei andern Aspekte: der Mutter, der Zauberin und der weisen Alten.

Das Bild zeigt die Göttin Ostara von Andrea Dechant, Arte Dea